Ana Rüsche

Das Martius-Staden Institut
75 Jahre Pflege der Geschichte und der Beziehungen zwischen Brasilien und den deutschsprachigen Ländern

Die Aktivitäten des Martius-Staden Instituts gehen auf den Anfang des 20. Jahrhunderts zurück: Deutschlehrer in São Paulo schlossen sich zusammen und gründeten 1916 den Deutschen Lehrerverein. Im Jahr 1925 wurde in der Deutschen Zeitung eine Anzeige mit folgendem Aufruf veröffentlicht: die deutschsprachige Kolonie in São Paulo, Vereine und Firmen sollten Dokumente, Fotos, Berichte und sonstige Veröffentlichungen, die mit dem Wachstum und der Geschichte der Kolonie in Verbindung stehen, spenden.

Eine der Hauptaufgaben des Martius- Staden Instiuts für Wissenschaft, Schriftum und deutsch-brasilianischen Kulturaustausch besteht bis heute darin, die Lebensgeschichten der deutschsprachigen Einwanderer und ihrer Nachkommen aufrecht zu erhalten und zu pflegen. Der heutige Name des Instituts bezieht sich auf zwei emblematische Persönlichkeiten, die eben diese historischen Beziehungen verkörpern: Carl Friedrich Philipp von Martius und Hans Staden.

Das Archiv, das 1925 gegründet wurde, wuchs stetig und besteht momentan aus über 400.000 Namens- und Firmenreferenzen, persönlichen Dokumenten, Zeitungen, Landkarten, Abbildungen, Fotografien etc. sowie einer Bibliothek zur deutschen Einwanderung und brasilianischen Geschichte. 1938 wurde die Hans Staden-Gesellschaft gegründet, die aus den langjährigen Tätigkeiten der deutschen Lehrer der heutigen Porto Seguro Schule hervorgegangen ist. Schon damals war das Ziel die Pflege der Geschichte der deutschen Einwanderung nach São Paulo.

Heute besitzt das Institut eines der größten Archive zur Einwanderung in Lateinamerika und ist somit Referenz nicht nur für Ahnenforscher, sondern auch für Historiker, Soziologen und sonstige Interessierte, die zuverlässiges Quellenmaterial und Dokumente benötigen.

Das Martius-Staden Institut gibt seit 60 Jahren das traditionelle Staden-Jahrbuch heraus, das Beiträge renommierter brasilianischer und deutscher Autoren wie Karl Fouquet, Anatol Rosenfeld, Florestan Fernandes, Fernando Henrique Cardoso, Egon Schaden, Berthold Zilly und andere zu bikulturellen Themen vereint. Die Veröffentlichungen sind vielfältig und gehen von Nachschlagewerken wie zum Beispiel das Werk von Franz Obermeier, Rainer Domschke und Hermann Wever Publicações sobre o Brasil em língua alemã / Deutschsprachige Brasilienliteratur (1500-1900) über Neuauflagen von Klassikern wie zum Beispiel Vom Roraima zum Orinoco von Theodor Koch-Grünberg, übersetzt von Cristiana Camargo Alberts, bis zu spezifischen Themen die Einwanderung betreffend wie das Buch Roland und Rolândia im Nordosten von Paraná von Peter Mainka. Nicht zu vergessen der Schwerpunkt der Genealogie mit der Reihe Famílias Brasileiras de Origem Germânica, die bereits aus 8 Bänden besteht.

Das Institut unterhält eine reiches Kulturprogramm, das kostenlos für alle Interessierte angeboten wird: Konzerte, Buchvorstellungen, Kunst- und Wanderausstellungen, wie zum Beispiel 180 Jahre deutsche Einwanderung nach São Paulo, Auswanderung nach Brasilien über das Halbpachtsystem und Fritz Müller: Fürst der Beobachter, die sowohl in Brasilien als auch in Deutschland ausgestellt wurden.

Seit 1997 wird das Martius-Staden Institut von der Visconde de Porto Seguro Stiftung getragen und kehrt somit zu seinen Wurzeln seit der Gründung der Instituts durch die Lehrer der Deutschen Schule zurück. Das Institut befindet sich heute im Stadtteil Panamby, im Süden von São Paulo, nicht weit entfernt von den ehemaligen Ländereien in Santo Amaro, wo sich die ersten deutschen Einwanderer ansiedelten.

www.martiusstaden.org.br